Beim ersten Oberzenter Geschichtstag werden Ideen formuliert, wie die Stadtteile Historie zusammenführen können
Von Thomas Wilken, 17.04.2025
BEERFELDEN . Viele geschichtsinteressierte Bürger kamen zum ersten Oberzenter Geschichtstag, den der Heimat- und Geschichtsverein Oberzent (HGVO) im Heimatmuseum veranstaltete. Der Vorsitzende Gottfried Görig hieß die Gäste willkommen und bedankte sich bei Dr. Achim Schäffler, der für die Generationenhilfe sowohl die technische Betreuung des Abends als auch die Versorgung mit Getränken übernommen hatte. Der Verein unterstützt mit seinem Projekt „zusammen.finden“ die Treffen der historisch Interessierten.
Als die Industrialisierung alles veränderte
Die Veranstalter konnten sich freuen, denn 40 Gäste hatten die Einladung angenommen. Darunter waren der frühere Landrat Horst Schnur aus Olfen, Dr. Jürgen F. Kammer aus Gammelsbach, der Vorsitzende des Fördervereins Burg Freienstein, und Dr. Rolf Reutter aus Darmstadt, der durch seine guten Kontakte zum Staatsarchiv Darmstadt immer wieder unbekannte Dokumente zur Verfügung stellen kann. Von der Stadt waren Bürgermeister Christian Kehrer und Stadtverordnetenvorsteher Dirk Daniel Zucht dabei.
Danach übernahm Michael Schmitt die Vorstellung einiger Projekte und Untersuchungen, die vom HGVO durchgeführt werden. Schäffler referierte im Anschluss zur Geschichte der Beerfelder Stadtapotheke, die Jürgen Frank in liebevoller Kleinarbeit zum Apothekenmuseum umgestaltet hat. Dabei wurde mitgeteilt, dass auch wieder Führungen durch das Museum möglich sind.
Schmitt stellte weiter Fotografien des bekannten Sanitätsrates Dr. Friedrich Maurer vor, welche dieser zu Anfang des 20. Jahrhunderts im Bereich Oberzent gemacht hatte. Maurer zog damals mit seiner Kameraausrüstung durch den Odenwald, um Dorfleben, Handwerk und Landwirtschaft in Bildern festzuhalten. Ihm war klar, dass durch die Industrialisierung diese Lebensweise in kurzer Zeit verschwinden würde.
Durch Kontakt zum Geschäftsführer des Hessischen Wirtschaftsarchivs Darmstadt, Prof. Dr. Ingo Köhler, gelang es, diese Aufnahmen zu erhalten. Es soll versucht werden, mit diesen Fotografien als Grundstock eine Fotoausstellung ins Leben zu rufen, zu der aus allen Oberzenter Stadtteilen Fotografien hinzukommen sollen.
Damit wäre auch der Grundstein für eine Zusammenarbeit aller Stadtteile in Sachen Regionalgeschichte gelegt. Einige Ansätze haben sich im Verlauf der Veranstaltung bereits ergeben. Schmitt berichtete über die Zusammenarbeit mit dem Förderverein Burg Freienstein und dem Buchprojekt, das unter dem Titel „Freienstein – Ein Wahrzeichen von Oberzent“ möglichst bald erscheinen soll.
Für die Druckkosten wurden dem Förderverein bereits viele Spenden übermittelt. Trotzdem steht aktuell noch ein Betrag von 5650 Euro aus. Sobald auch diese Restsumme vorliegt, kann der Druckauftrag erteilt werden. Dr. Kammer nahm die Gelegenheit wahr, über die vom Förderverein bereits veranlassten und in Kürze geplanten Arbeiten an der Burg zu berichten.
Ein Pumphaus in der Hofwiese
Schmitt stellte danach einen Beitrag zur sogenannten Chronik der Oberzent vor, der die Geschichte und die technische Anlage des historischen Pumphauses in der Hofwiese in Beerfelden auf 16 Seiten in Texten und Bildern beschreibt. Eine Möglichkeit zur Besichtigung der Anlage wurde noch für das laufende Jahr in Aussicht gestellt.
Er berichtete weiter über interessante Steinmale im Bereich der Sensbacher Höhe und setzte diese Untersuchungen in Bezug zu Funden im Bereich des Kammerweges. Anschließend stellte er ungewöhnliche Steinstrukturen im Bereich des Gammelsbachtales vor. Hier legte Schmitt unter anderem Aufnahmen vor, die mit dem sogenannten Laserscan entstanden sind, der die Landschaft ohne den pflanzlichen Bewuchs zeigt und damit Reste menschlicher Bebauung deutlicher hervortreten lässt.
Schweinepferch für die Eichelmast
Bei einem dieser Objekte dürfte es sich vermutlich um die Reste eines für die sogenannte herbstliche Eichelmast verwendeten Schweinepferches handeln. Früher wurden die Schweine im Herbst von einem Schweinehirten bei den Höfen abgeholt und in die Wälder getrieben, um sie dort mit den Eicheln zu mästen. Über Nacht wurden sie dann in entsprechenden Umzäunungen untergebracht.
Im Besonderen wies Schmitt auf die von Dr. Johann Heinrich Kumpf aus Berlin zur Verfügung gestellte Literaturliste für Oberzent hin. Dieses für die Regionalforschung unschätzbare Werkzeug steht als PDF-Datei auf der Webseite des HGVO (www.geschichte-oberzent.de) zum Herunterladen zur Verfügung und kann demnach auch für eine Stichwortsuche verwendet werden. Die neueste Version umfasst annähernd 1600 Einträge.
Dieser Artikel ist am 17. April 2025 im Odenwälder Echo erschienen.